Zusammenfassung der Doktorarbeit
Lachgasemissionen und Minderungsstrategien - Messungen auf einem lehmigen Standort mit intensiver Gemüseproduktion
Lachgas (N2O) ist ein klimarelevantes Spurengas, welches auch zur Ozonzerstörung in der Stratosphäre beiträgt. Es herrscht Konsens darüber, dass eine Reduktion der N2O Emissionen anzustreben ist. Hauptquelle der N2O Freisetzung in Deutschland sind landwirtschaftlich genutzte Böden. Aufgrund des hohen N-Inputs über die Düngung wird die N2O-Emission stimuliert, da der Stickstoff als Substrat für die wesentlichen Prozesse der N2O-Bildung in Böden wie die Nitrifikation und Denitrifikation dient. Neben den hohen N2O-Emissionen während der Vegetationsperiode kann auch im Winter eine hohe N2O-Freisetzung in Zusammenhang mit Frost-Tau Zyklen auftreten. Der Anteil dieser Winteremissionen an der Jahresemission beträgt in Deutschland etwa 50 %. Deshalb sind annuelle Datensätze eine unerlässliche Voraussetzung für die zuverlässige Bewertung von N2O-Reduktionsstrategien in Gegenden mit Winterfrost.
Für landwirtschaftlich genutzte Böden liegt bereits eine Vielzahl an Untersuchungen zur Minderung der N2O-Freisetzung vor. Jedoch wurde die N2O-Freisetzung aus gemüsebaulich genutzten Böden nur selten untersucht. Keine der bisher durchgeführten Spurengasmessungen im intensiven Gemüsebau ist repräsentativ für die klimatischen Bedingungen Süddeutschlands. Durch den hohen N-Düngerinput (der zu hohen Gehalten an mineralischem Stickstoff im Boden führt) und stickstoffreiche Ernterückstände im Spätherbst sind hohe N2O-Jahresemissionen aus diesen Flächen zu erwarten.
Im Rahmen dieser Studie wurden die N2O-Flussraten zwei Jahre lang in mindestens wöchentlicher Auflösung auf einer Gemüsebaufläche in Süddeutschland mit der geschlossenen Kammermethode ermittelt. Während der beiden Versuchsjahre wurde jeweils ein Satz Kopfsalat und darauffolgend ein Satz Blumenkohl angebaut. Um Aufschluss über die N2O-Quellen (Dünger, Ernterückstände, bodeninterne Mineralisation) zu erhalten wurde zusätzlich eine Studie mit 15N markiertem Ammonsulfatsalpeter (ASS) und Austausch markierter und unmarkierter Erntereste durchgeführt.
Ferner wurden verschiedene Strategien zur Reduktion der N2O-Emissionen wie Düngerreduktion, Zusatz eines Nitrifikationshemmstoffes (3,4-Dimethylpyrazolphosphat, DMPP) und eine Depotdüngung hinsichtlich ihres Potentials zur Reduktion der N2O-Emissionen auf Jahresbasis getestet. Die Reduktion derN2O Emissionen sollte bei diesen Strategien wie folgt erreicht werden: Bei einer Reduktion des Dünger N-Inputs wurde eine Absenkung der Menge an mineralischem N im Boden erwartet und dadurch niedrigere Substratkonzentrationen für N2O produzierende Mikroorganismen. DMPP ist ein chemischer Hemmstoff, der die Nitrifikation auf enzymatischer Ebene inhibiert. Bei der Depotdüngung wird ammoniumreicher Dünger hochkonzentriert in Form eines Bandes im Boden abgelegt. Die hohen Ammoniumkonzentrationen sollen durch Ihre Toxizität die Nitrifikanten ebenfalls hemmen. Aufgrund der gehemmten Nitrifikation sollte einerseits die N2O-Bildung während der Nitrifikation direkt vermindert und andererseits die Denitrifikation über das geringere Nitratangebot limitiert werden.
Es wurde eine sehr hohe zeitliche Variabilität der N2O-Flussraten beobachtet. Ausgeprägte Emissionsmaxima traten vor allem nach N-Düngungsmaßnahmen, nach der Einarbeitung von Ernterückständen (besonders in Kombination mit der N-Düngung), nach Wiederbefeuchtung von trockenem Boden im Hochsommer sowie nachdem Auftauen von gefrorenem Boden im Winterhalbjahr auf. Die kumulativen Jahresemissionen in der konventionell (breitflächig) gedüngten Variante beliefen sich im ersten und zweiten Versuchsjahr auf 8.8 und 4.7 kg N2O-N ha−1a−1. Die N-Düngung erfolgte hier nachdem kulturbegleitenden Nmin Sollwertsystem. Die N2O-Emissionsfaktoren lagen mit 1.6 % und 0.8 % innerhalb des Unsicherheitsbereiches von 0.3 - 3 %, den der Weltklimarat (IPCC; 2006) in seinen Richtlinien zur Berechnung Nationaler Treibhausgasinventare angibt.
Es konnte ein positiver Zusammenhang zwischen den mittleren Nitratgehalten des Oberbodens und den kumulativen N2O-Emissionen in den beiden Versuchsjahren (r2= 0.44 und 0.68) sowie zwischen den N-Überschüssen und den kumulativen N2O Emissionen der Düngersteigerungsreihe (r2= 0.95) im ersten Versuchsjahr nachgewiesen werden. Eine Reduktion der N-Düngermenge von praxisüblicher Düngung auf Düngung nach dem kulturbegleitenden Nmin Sollwertsystem führte im ersten Versuchsjahr zu einer Minderung der N2O-Jahresemissionen um 17 %, die Gemüseerträge wurden durch die verminderte N-Gabe nicht beeinträchtigt. Im zweiten Versuchsjahr wurde die mittlere N2O-Emission bei reduzierter N-Gabe um 10 % gesenkt, dieser Effekt war jedoch statistisch nicht abgesichert. Eine weitere Absenkung der Düngermenge um 20 % führte zwar zu einer weiteren Minderung der N2O-Emission, allerdings waren im ersten Versuchs-jahr dadurch auch die Kopfsalaterträge geringer. Eine weitere Absenkung der Düngermenge ist somit nicht empfehlenswert.
Für die DMPP-Anwendung liegen durch diese Arbeit erstmals Jahresdaten zur N2O-Freisetzung vor. Die Anwendung von DMPP verringerte die N2O-Emissionen in den beiden Versuchsjahren signifikant um >40 %. Dieser Effekt trat sowohl während der Vegetationsperiode als auch im Winter auf. Der Grund für die Emissionsminderung im Winter konnte nicht geklärt werden: Der Abbau des Wirkstoffs DMPP ist temperaturabhängig und wird unter den gegebenen Temperaturen im Sommer mit ca. 6 bis 8 Wochen veranschlagt. Die von uns beobachteten Minderungseffekte traten jedoch auch im Winter auf, also noch 3 Monate nach Applikation des Wirkstoffes. Ferner wurde eine ebenfalls verminderte CO2-Freisetzung gemessen, die ein Hinweis auf einen Effekt des DMPP auf heterotrophe Mikroorganismen oder zumindest deren C-Umsatz sein könnte. Aufgrund des hohen N2O-Minderungspotentials scheinen weiterführende Untersuchungen zu funktionellen und strukturellen Veränderungen der mikrobiellen Biomasse nach DMPP-Anwendung sinnvoll.
Eine Depotdüngung mit ASS führte nicht zur erhofften Reduktion der N2O Freisetzung auf Jahresbasis. Selbst der Ersatz von ASS durch (nitratfreies) Ammoniumsulfat führte nicht zu einer Reduktion der Emissionen. Vermutlich gehen die relativ hohen Flussraten auf die mikrobiell intakten Bereiche um die Düngerdepots zurück, in denen die Nitrifikation abläuft und in denen durch die hohen Nitratgehalte ideale Bedingungen für denitrifizierende Mikroorganismen herrschten.
Nach einem Jahr fand sich ein Großteil des mit dem Dünger ausgebrachten 15N im Boden wieder. Nur 13 - 15 % wurden über die marktfähige Ware aufgenommen. 1.4 % des 15N gingen in Form von N2O-N verloren. Die Wiederfindungsrate nach einem Jahr betrug 70 %. Die Verluste an 15N sind vermutlich auf Nitratauswaschung oder gasförmige Verluste in Form von N2 oder NOx zurückzuführen. Verglichen mit dem Getreideanbau ist die N-Ausnutzung im Gemüsebau also selbst bei optimierter Düngung wesentlich niedriger. Die Messung der 15N Häufigkeit im N2O zeigte, dass der Hauptteil der N2O-Emissionen (38 %) aus den Ernteresten des Blumenkohls stammte (genauer gesagt Dünger-N, der über die Pflanzen in die Ernteresten eingelagert wurde). 26 % und 20 % stammten jeweils direktaus dem Dünger zu Kopfsalat und Blumenkohl. Bodeninterne Quellen waren für 15 % der Gesamtemission verantwortlich, während der Beitrag der Erntereste des Kopfsalats aufgrund der geringen C- und N-Mengen vernachlässigbar gering war.
Der beträchtliche Anteil der N2O-Emissionen aus den Ernteresten des Blumenkohls wurde darauf zurückgeführt, dass das System zeitweise C-limitiert war und so durch das organische Material Elektronendonatoren zur Verfügung gestellt wurden. Zudem wird beim Abbau von organischer Substanz in Böden O2 verbraucht, was bei hohen Wassergehalten zur Bildung anaerober Kompartimente und so zu idealen Bedingungen für Denitrifikanten führt. Besonders der kombinierte Eintrag von organischer Substanz und mineralischem N-Dünger erhöhte die N2O-Emissionen. Daher wurde in einem Zusatzversuch zu Mangold getestet, inwiefern eine Desynchronisation der Einarbeitung von Ernteresten und der mineralischen N-Düngung durch Wartezeiten (bis zu 3 Wochen) zu einer Emissionsminderung beiträgt. Je länger die Einarbeitung der Erntereste von der N-Düngerapplikation entfernt lag, desto geringer waren auch die N2O-Emissionen, allerdings war dieser Effekt auf Jahresbasis nicht statistisch gesichert.
In einem Inkubationsversuch mit Mikrokosmen wurde der Effekt von verschiedenen C/N-Verhältnissen von Blumenkohlernteresten sowie die Einarbeitung reduzierter und erhöhter Mengen modellhaft untersucht. Es zeigte sich, dass aufgrund des generell hohen Nitratangebots in den Kosmen lediglich die verschiedenen Ernterestmengen einen Effekt auf die N2O-Freisetzung zeigten. Die N2O-Emission stieg mit der Menge an Ernteresten an.
Insgesamt konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass im Gemüsebau relativ hohe absolute N2O-Emissionen erwartet werden können, auch wenn der relative Anteil (Emissionsfaktoren) im Rahmen des IPCC-Unsicherheitsbereichs lag. Weitere Untersuchungen sind nötig, um die genauen Wirkungsmechanismen von DMPP auf die Bildung von N2O im Feld zu verstehen. Die vorliegende Studie belegt, dass der Vermeidung von N-Überschüssen und der Entwicklung von Strategien zum Ernterestmanagement im Gemüsebau große Bedeutung zur Reduktion der N2O-Emissionen zukommt.